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 Kanarische Sportarten   


Die kanarischen Sportarten sind Überbleibsel der Kultur der altkanarischen Urbevölkerung, welche sich in der Isolation der Inseln eigenständig und ohne Einfluss von Außerhalb entwickeln konnten. Die Ethnologen sprechen hier von "Autochthonen (eingeborenen) Sportarten", wie man sie heute auch noch in anderen Ländern, beispielsweise in Schottland, findet. Die Ursprünge liegen dabei weniger in dem Verlangen nach körperlicher Betätigung begründet, vielmehr entwickelten sie sich aus dem Alltagleben der Urbevölkerung heraus. Die meisten dieser Sportarten haben die Zeit überdauert und werden noch heute von vielen Canarios voller Begeisterung und Stolz ausgeübt und gehören zum Kulturschatz der kanarischen Inseln.


Die beliebteste Sportart ist die "Lucha Canaria" der kanarische Ringkampf. Diese uralte Form des Ringkampfes diente in prähispanischer Zeit zur Lösung von Alltagskonflikten und gilt heute als einzigartiges Kulturerbe.
Lucha Canaria wird heute von einigen tausend Menschen auf den Inseln praktiziert. Viele Kämpfe werden im Fernsehen übertragen und die Tageszeitungen berichten jeden Montag über die Ergebnisse. Der Sport genießt auf den Kanaren teils einen ähnlichen Stellenwert wie hierzulande der Fußball. Die herausragenden Kämpfer sind echte Stars.
Der Kampf wird in einem "Terrero", einem mit Sand bedeckten Ring von 10 Metern Durchmesser ausgetragen. Die Kämpfer (luchadores) beginnen barfuss, Schulter an Schulter und an das aufgekrempelte Hosenbein des Gegners fassend. Mittels verschiedener Angriffs- und Abwehrtechniken wird nun versucht den Gegner dazu zu bringen den Ringboden mit einem anderen Körperteil als den Füssen berühren zu lassen. Schläge und Tritte sind dabei nicht erlaubt. Der Kampf dauert drei Runden und der Kämpfer, welcher mindestens zwei der drei Runden für sich entschieden hat, ist der Sieger. Der Kampf besitzt neben dem reinen Ringen eine zeremonielle Komponente, welche mit ihren Höflichkeitsritualen an einige asiatische Kampfsportarten erinnern. So reicht der Sieger dem Verlierer die Hand um ihm aufzuhelfen, umarmt ihn und begleitet ihn zu seinem Platz zurück.

Die Canarios sind passionierte Segler; und so haben die Kanaren schon einige Weltmeister und Olympiasieger in dieser Sportart hervorgebracht. Keine Olympische Sportart, aber eine kanarische Besonderheit ist die "Vela Latina"
Der Ursprung der kanarischen Segelsportart "Vela Latina" (lateinisches Segel) ist nicht ganz geklärt, soll aber auf die einfachen Bootstypen der Urbevölkerung zurückgehen. Speziell auf Gran Canaria ist diese Segelsportart sehr beliebt. Zwischen April und Oktober, zur Zeit der beständigsten Passatwinde, finden vor allen Dingen an den Wochenenden vor dem Yachthafen von Las Palmas, Regatten statt. Die Boote fallen durch ihre, im Verhältnis zur Bootsgröße, riesigen dreieckigen Segel auf und bedürfen deswegen nicht nur einiger Ballastsäcke, sondern in erster Line einer äußerst geschickten Crew.

Die Topografie der kanarischen Inseln hat eine Sportart hervorgebracht, welche weltweit fast einzigartig sein dürfte, den "Salto de Pastor" (Hirtensprung). Entstanden, um sich im Inland, in einer von Felsen und Schluchten geprägten Landschaft voller Hindernisse, besser fortbewegen zu können ist aus dem Hirtensprung, der Fortbewegungstechnik der Urbevölkerung heute eine beliebte Sportart geworden, die heute noch Höhepunkt vieler Volksfeste darstellt.
Mit Hilfe eines langen Holzstabes, lanza oder auf Gran Canaria garrote genannt, an dessen Ende sich eine Metallspitze (regatón) befindet konnten Hindernisse, wie Steine, Klippen und Abhänge rasch überwunden werden. Heute beweisen sich die Sportler meist an einer Art Hindernissparcour.

Aus einem Zeitvertreib auf dem Feld entwickelte sich das "Levantamiento de ardo" das Anheben des Pfluges. Hierbei wird ein bis zu 100kg schwerer Pflug an dem fast 4m langen, so genannten Pflugbalken angehoben und in eine senkrechte Position gebracht und in verschiedenen Armlängen, aber auch auf dem Kinn gehalten wird.
Wegen der großen Hebelwirkung spielt neben der Kraft vor allen Dingen die Technik eine große Rolle. Das Absetzen ist genauso wichtig wie anheben und wahrscheinlich der schwierigste Teil, da der Pflug sehr langsam, in Drehungen, in einer dem Publikum präsentierenden Weise sanft abgesetzt wird.

Ähnlichen Ursprungs, als Kraftprobe und Zeitvertreib nach der Feldarbeit, ist das "Levantamiento y pulseo de la Piedra" (Anheben und Stossen des Steines). Um einen schweren Stein über den Kopf zu heben, bedarf es auch hier der richtigen Mischung aus Kraft und Technik. Besonders gute Wettkämpfer unterstreichen ihr können oftmals zusätzlich, indem sie den Stein nach dem Anheben so weit als möglich wegwerfen oder aber versuchen beim Anheben den eigenen Oberkörper nicht zu berühren.

Ein sehr beliebter Sport der Kanaren ist die "Lucha de garrote", der kanarische Stockkampf. Im Gegensatz zum ursprünglichen Gebrauch des Knüppels (garrote) bei der Selbstverteidigung, wird beim heutigen Sport versucht den Gegner zu besiegen, ohne ihm körperlichen Schmerz zuzufügen, was im Eifer des Gefechts natürlich nicht immer gelingt. Im Wesentlichen wird mit einem Stock, welcher bis max. ein Viertel länger sein darf als der Stockträger, versucht den Gegner mittels ausgefeilter Techniken aus dem Gleichgewicht zu bringen oder zu entwaffnen.

Viel Geschick erfordert das mit der Lucha de Garrote verwandte "Juego del palo", das Stabspiel. Im Gegensatz zum Stockkampf wird hier der Kampf simuliert und die Schläge nur angedeutet; maximal darf der Gegner "markiert" werden. Im Verlauf des Spiels wenden die Spieler ein Repertoire festgelegter, traditioneller Techniken und Bewegungen an, welche gute motorische Fähigkeiten und höchste Konzentration erfordern.

Das "Arrastre de ganado" (Viehziehen) ist ein Wettstreit, welcher heutzutage auf den Inseln nur noch selten, und wenn auch nur auf ländlichen Volksfesten zu finden ist. Ähnlich wie bei verwandten Wettkämpfen in Indonesien, müssen hier einzelne Stiere oder auch Zweiergespanne ein bestimmtes Gewicht, über eine vorher festgelegte Fläche, in möglichst kurzer Zeit ziehen. Neben der Kraft der Tiere ist hierbei auch das Können des Ochsentreibers, welcher mitläuft von entscheidender Bedeutung. Sympathisch ist, dass es verboten ist die Tiere während des Wettkampfes und auch danach zu züchtigen oder zu bestrafen.






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